In den Labors des Münchner Genzentrums wird fieberhaft geforscht. Nach dem optimalen Vektor,
dem Transportmittel, mit dem das benötigte Gen zielgenau in die krankhafte Zelle geschleust werden kann.
Krebs zum Beispiel könnte so an seinen Ursprüngen bekämpft werden.
Anders als die herkömmliche Behandlung, bei der sich die Medikamente oder strahlende Chemotherapie
mit dem ganzen Körper auswirken, hier links im Bild, soll bei der Gentherapie
dem Kern der Tumorzelle gezielt das Gen zugeführt werden, das die körpereigenen Abwehrkräfte aktiviert.
Zurzeit werden Viren als Transportmittel genutzt.
Damit sich die Gentherapie aber in der Medizin durchsetzen kann, bedarf es noch spezifischerer Vektoren,
die gewährleisten, dass das Gen seine Wirkung auch wirklich nur in den krankhaften Zellen entfaltet.
Ja, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren.
Unter Gentherapie verstehen wir den Versuch, Krankheiten zu behandeln,
gegebenenfalls auch Prävention gegen Krankheiten zu betreiben, indem Gene, Genfragmente oder Fusionsgene
auf Körperzellen übertragen werden, dies unter der Vorstellung, dass deren Aktivität oder Expression,
die Expression dieser Gene, eine therapeutische Wirkung zugunsten der Patienten entfalten kann.
Gentherapie zielt vor allem auf Erbkrankheiten, auf Infektionskrankheiten wie AIDS
und auf Tumoren, also Krebskrankheiten, und etwa zwei Drittel aller Versuche der Behandlung mit Gentherapie
sind im Felde der Onkologie, also der Tumorbehandlung.
Daneben gibt es neue Ansätze um auch chronisch degenerative Erkrankungen wie Rheuma oder aber Autoimmunkrankheiten,
Krankheiten, bei denen sich das Immunsystem gewissermaßen gegen die eigene Gesundheit richtet,
und Erkrankungen mit Störungen der Durchblutung des Herzmuskels, also die sogenannte coronare Herzkrankheit,
ebenfalls mit Gentherapie zu behandeln. Das heutige Thema lautet somatische Gentherapie,
das heißt die Frage, wie kann möglicherweise ein relevanter Platz in der Medizin eingenommen werden
durch Behandlungsmethoden der Übertragung von Genen auf Körperzellen, um dadurch eben im Sinne der Medizin segensreich zu wirken.
Die somatische Gentherapie ist Medizin der Zukunft, mit allen Höhen und Tiefpunkten,
die der Aufbruch in eine unbekannte medizinische Zukunft mit sich bringen kann.
Und dieses hatte zum Teil Phasen der Euphorie und Phasen der Depression.
Und je größer die Zahl der Versuche, der Misserfolge und der Erfolge ist, desto mehr kommt man langsam eben,
wie man sagen könnte, zu einer realistischen Sicht, wie weit die somatische Gentherapie uns führen kann.
Lassen Sie uns diskutieren, welche Möglichkeiten oder prinzipiellen Ansätze es hier geben kann.
Nun erstens, man kann Gene substituieren, das heißt einfach Gene übertragen, um damit einen Defekt zu kompensieren.
Zweitens kann man Genexpression inhibieren, indem wir feststellen, dass die Expression die Aktivität eines Genes krank macht,
versucht man diese Genexpression, diese Geneaktivität zu unterdrücken.
Drittens kann man Proteinfunktionen, also die Funktion des Genproduktes versuchen zu inhibieren.
Viertens kann man versuchen, das Immunsystem zu modulieren, das heißt zu verändern in seiner Funktion.
Fünftens kann man Zellen direkt zerstören durch Suizidgene, das heißt durch Selbstmordgene,
indem man ein Gen einführt in eine Zelle, eine Tumorzelle beispielsweise, und dann ein Medikament hinzugibt,
sodass diese Zelle in Anwesenheit dieses Medikamentes gewissermaßen Selbstmord begehen muss.
Sechstens gibt es die Möglichkeit, Zellen zu markieren für diagnostische Zwecke.
Und siebtens gibt es die Möglichkeit, Gene konditional zu exprimieren.
Und lassen Sie mich für alles das jeweils ein kleines Beispiel nennen.
Gen Substitution, das Ersetzen eines Genes, ist dann möglich, wenn wir wissen,
dass eine Erbkrankheit durch den Effekt eines einzelnen Genes verursacht ist.
Beispielsweise Mukoviszidose, eine angeborene Störung, die zu einer chronischen Entzündung der Lunge führt
und noch im Jugendalter zum Tode führt in der Regel.
Es ist aber auch anzumerken, dass die sogenannten Killerkrankheiten, das heißt die Krankheiten,
die in großem Stile zu tödlichen Erkrankungen führen.
Ich denke hier vor allem an die koronare Herzkrankheit mit dem Herzinfarkt oder andere Formen der Atherosklerose
oder Diabetes, die Zuckerkrankheit, Tumorkrankheiten, haben alle eine polygene Disposition.
Das heißt, es sind viele Gene, die zusammenspielen, dass hier ein Risikofaktor für solche Krankheiten entsteht.
Und diese Krankheiten sind damit nicht durch eine Gen Substitution einfach zu behandeln.
Presenters
Prof. Dr. Bernhard Fleckenstein
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:25:59 Min
Aufnahmedatum
2002-01-24
Hochgeladen am
2018-06-21 11:52:01
Sprache
de-DE
Unter Gentherapie verstehen wir den Transfer von Genen, Genfragmenten oder Fusionsgenen auf Körperzellen mit dem Ziel, den Verlauf von Erbkrankheiten, Tumoren, Infektionskrankheiten wie AIDS oder chronisch-degenerativen Erkrankungen günstig zu beeinflussen. Während die Keimbahntherapie auf absehbare Zeit risikobelastet und deshalb ethisch abzulehnen ist, wird die somatische Gentherapie voraussichtlich einen relevanten Platz in der Medizin einnehmen. Bis heute sind weltweit mehr als 500 Protokolle angemeldet worden, die sich auf Therapieversuche an mehreren tausend Patienten erstrecken. Vorläufig ist es jedoch noch schwierig, mit Genvektoren bestimmte Zielzellen im Organismus ganz selektiv zu erreichen. In der Mehrzahl der bisher konzipierten Gentherapien bediente man sich verschiedener Viren, wie Retroviren, Parvoviren, Adenoviren, Herpesviren und Poxviren, um die therapeutischen Gene gezielt zu übertragen.